Appell an Aurubis

Aktion zur Aurubis-Aktionärsversammlung 2023: Wie reagiert AURUBIS auf die Fragen der Kritischen Aktionäre?

Thomas Dürmeier Allgemein, Lieferkettengesetz, Natur

Wie reagiert AURUBIS auf die Kritischen Fragen der Kritischen Aktionäre? Ein Fazit

 

Hamburg, 16. Februar 2023: Menschen statt Profite – unter diesem Motto stehen Goliathwatch, aber auch der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre e.V. Um herauszufinden, ob Konzerne dieser Einstellung immerhin etwas entgegenkommen, sind wir gestern zum ersten Mal mit bei einer Aktionärshauptversammlung der Aurubis AG dabei gewesen. Mit Hilfe der Kritischen Aktionäre konnten wir immerhin zu viert einen kritischen Blick auf das Vorgehen einer Konzern-Veranstaltung erhaschen. Anteileigner der Aurubis-Aktie übertrugen ihr Stimmrecht auf uns, was den Zugang zur Veranstaltung erst ermöglichte. Vielen Dank dafür!

Die Hauptversammlung war – soweit mein erster, aber auch mein letzter Eindruck – von PR, Worthülsen und einer verzerrten Darstellung geprägt. Schon zu Beginn der Veranstaltung, wurde meine Vorstellung im Vorfeld bestätigt. Der Empfang war freundlich, jedoch in dem klaren Wissen, wer wir sind und was unser Vorhaben beinhaltet – dementsprechend spürten wir, dass wir nicht so willkommen geheißen wurden, wie uns suggeriert wurde. Die konfrontative Art wurde mit einem Lächeln kaschiert, salopp gesagt hatten wir es mit einer „Fake-Nettigkeit“ zu tun. Die Freundlichkeit verhinderte einen Gesichtsverlust.

Redeten Aurubis-Vertreter vorne am Rednerpult, so war direkt als erstes zu erkennen, mit welchen Worthülsen um sich geschossen wurde – ohne auf die klare Bedeutung der jeweiligen Begriffe einzugehen. So fielen die Begriffe Innovativ, Transformation und Nachhaltiges Wachstum unzählige Male innerhalb weniger Minuten oder gar Sekunden. Uns kam währenddessen schon die Idee, eine Strichliste mit den meistgenannten Worthülsen zu erstellen. Dass die Klimaversprechen von Konzernen nicht immer so grün sind, wie sie scheinen, ist ja zahlreich in der Presse nachzulesen[1]. Selbst wenn es um Themen wie Recycling oder Kreislaufwirtschaft ging, waren Wachstumskurs und die kommerzielle Zusammenarbeit mit Beschaffern und Zulieferern oberste Priorität. Auch bei der Tätigkeit mit Schwefelsäure (hochgiftig) war das zentrale Element der Erlös. „Potenziale zu heben“ bedeutet für mich übersetzt nicht mehr als die effizienzgesteuerte Suche nach absolutem Profit. Dass dabei Menschenrechte auf der Strecke bleiben, ist die logische Konsequenz.

PR-Sprech vom feinsten

Nun hatten die Kritischen Aktionäre die Möglichkeit, sich zu äußern und Fragen zu stellen! Zuerst gingen sie darauf ein, dass Aurubis laut zuvorgegenagenen Reden das deutsche, aber vor allem das europäische Lieferkettengesetz klar ablehne. Marktfundamentalistisch geprägte Begriffe wie Überregulation und Selbstverantwortung prägen den Wortlaut seitens der Aurubis AG. Die ökologischen und sozialen Schäden, die nach Chile, Peru oder Bulgarien ausgelagert werden, sprechen da eine andere Sprache – von Selbstverantwortung im eigentlichen Sinne keine Spur. Gerade die Zusammenarbeit mit dem chilenischen Kupferbergbau-Konzern CODELCO ist ökologisch und menschenrechtlich gesehen mehr als problematisch[2]. Der Redebeitrag von Vanessa – einer peruanischen Vertreterin seitens der Kritischen Aktionäre – lässt Vorstand und Aufsichtsrat von Aurubis aufhorchen, ganz nach dem Motto: ‚Oh, jetzt müssen wir aufpassen!‘. Eine Forderung besteht darin, die Lieferketten in Peru offenzulegen, um Transparenz überhaupt erst schaffen zu können. Zudem wird nach einem Transparenzplan gefragt, der konkrete Maßnahmen und alle beteiligten Akteure in der Lieferkette aufzeigen soll. Nach Angaben des Regionalkrankenhauses in der chilenischen Stadt Antofagasta sind die Krebsraten in der Bergbauregion im Schnitt fünf bis sieben Mal höher als im Rest des Landes.[3]

Das Beantworten der gestellten Fragen und Forderungen erinnert doch sehr an eine PR-Veranstaltung. Es wird betont, wie ernst man die Vorwürfe nehme, am Ende kommen die vorgetragenen Antworten jedoch einer vorgelesenen Pressemitteilung gleich. Da hat die Rechtsabteilung im Hintergrund schnelle Arbeit geleistet, um der Geschäftsführung unmittelbar mitzuteilen, welcher Inhalt wie ausgeführt werden darf – ohne zu viel zu verraten. Ständig zu wiederholen, dass man sich mit Partnern in Kontakt befinde, schafft keine Transparenz. Die Aussage, man halte sich an das Gesetz, ist keine Antwort auf die direkt formulierten Fragen und beinhaltet deshalb keinen wirklichen Aussagegehalt. Auch der Verweis, 20 Arbeiter:innen mit 600.000 € Budget für die Nachhaltigkeitsabteilung bereitgestellt zu haben, ist bei den gigantischen Umsatzerlösen[4] des Konzerns eher eine Relativierung der Aussage den Umweltschutz sehr ernst zu nehmen. Auch auf die vorgetragenen Belege – z.B. durch eigens durchgeführte Gespräche mit Dorfbewohnern vor Ort – wird keineswegs eingegangen.

Kein echtes Interesse an Mensch und Umwelt

Folgendes ist festzuhalten: Unser Vorhaben, sowohl Menschenrechtsverletzungen im globalen Süden seitens Aurubis als auch die ökologischen Probleme anzuprangern, wurden bereits in ersten Vorgesprächen vor offiziellem Beginn der Hauptversammlung gemissbilligt. Das Argument, dass die Aktivitäten vor Ort die Arbeitsbedingungen bzw. das gute Leben vor Ort fördern, legitimiert die Ausbeutung von Mensch und Natur. Denn hier werden unterschiedlichste Machtverhältnisse der Akteure in der Lieferkette vollkommen ausgeklammert. Aurubis profiliert sich hier als Entwicklungshelfer:in. Dass es sich bei der Kupferförderung in Chile, Peru und Bulgarien um nicht mehr als einen lukrativen Deal handelt, wird ebenfalls außer Acht gelassen. Vielmehr ist doch das Leid der Leute unmittelbares Produkt, das aus der ‚Zusammenarbeit‘ hervorgeht. Es existiert kein Argument, dass angeführt werden kann, welches den bezahlten Preis von Menschenleben rechtfertigt – auch nicht das allzu häufig angeführte Argument der Arbeitsplätze. Dass die ‚Zusammenarbeit‘ an den menschen- und naturverachtenden Zuständen nichts ändert, wird dabei ignoriert. Nicht nur, dass mittels vorgetragener Worthülsen wie Nachhaltigkeit zu den Problemen geschwiegen wird – man versucht zusätzlich, sich durch beschönigende Sprache als Positive Player darzustellen. Auch die Floskel, in der Krise eine Chance zu sehen, ist gegenüber den Leidtragenden eine äußerst perfide und respektlose Anmerkung.

Eine Person, die ansatzweise über einen gesunden Menschenverstand verfügt, hat bei dieser Veranstaltung zügig gemerkt, dass so eine rhetorische Vorgehensweise das Gegenteil von einem Gefühl der Transparenz erzeugt. Der Aurubis AG wäre anzuraten, seine Quellen breiter aufzustellen. Auch selbst mal mit Betroffenen aus Peru, Chile oder Bulgarien mit ernsthaften Absichten zu sprechen, wäre ein Anfang. So könnte man tatsächlich zu mehr Transparenz zu gelangen. Denn ein Einfaches ‚Wir nehmen die Vorwürfe sehr ernst‘ reicht bei Weitem nicht aus. Alle kritischen Nachfragen aufgrund von ‚Betriebsgeheimnissen oder Wettbewerbsgründen‘ abzublocken ist auch kein Akt der Transparenz, von Compliance ganz zu schweigen. Dass sich Aurubis als Teil der Lösung anstatt als Teil des Problems sieht, dürfte klar sein. Dies scheint allerdings eher zweifelhaft.

Daraus schließen wir, dass es tatsächlich ausschließlich um Profite geht, nicht um den Menschen. Und für die absolute Profitmaximierung müssen sowohl Menschenrechte als auch Klimaschutz scheinbar weichen. Dies zu ändern war die Motivation, GoliathWatch zu gründen und für eine gerechtere Welt sowie eine gerechtere Wirtschaft zu kämpfen.

https://www.kritischeaktionaere.de/aurubis-2/ist-aurubis-auf-das-lieferkettengesetz-vorbereitet-unsere-57-fragen-zur-hauptversammlung-2022/

[1] Deutschlandradio: https://share.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-audio-teilen.3265.de.html?mdm:audio_id=dira_DLF_8ba5e38f

[2] NDR-Mediathek: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/45_min/Schmutziges-Kupfer-Die-dunkle-Seite-der-Energiewende,sendung1284160.html

 

[3] Kritische Aktionäre: https://www.kritischeaktionaere.de/aurubis/ignoriert-aurubis-umweltzerstoerungdurch-kupferminen-in-suedamerika/

 

[4] Pressemitteilung Aurubis: https://www.aurubis.com/medien/pressemitteilungen/pressemitteilungen-2022/aurubis-schliesst-geschaeftsjahr-mit-bestem-ergebnis-der-unternehmensgeschichte-ab