Leitbild

Unser Leitbild

vom Februar 2024

Ziel des Leitbildes: für NUN-Zertifizierung Goliathwatch umfassend erklären

Unser Ziel ist eine Wirtschaft, die sich in den Dienst aller Menschen und der Natur stellt – also eine Wirtschaft, die keinen Selbstzweck verkörpert, sondern als Mittel zum Zweck für eine sozial gerechte Welt eingesetzt wird, welche die ökologischen Grenzen unseres Planeten akzeptiert. Wirtschaft steht für uns nicht für Konzerngiganten, sondern für alle Wirtschaftsakteure: Verbraucher*innen, Arbeiter*innen und Unternehmen.

Eine derart weitreichende Veränderung erreichen wir als Teil einer globalen Bewegung für ein umfangreiches Reformprojekt globaler und nationaler Rahmenbedingungen der Wirtschaft. Diese globale Bewegung kann nur entstehen, wenn wir unsere Demokratie stärken, und die Konzernmacht über unsere Politik, unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft deutlich verringern. Die Verwirklichung aller Menschenrechte[1] wie Nahrung, Bildung, Entwicklung, gute Arbeit oder Gewerkschaftsrechte ist unser normatives Ziel.

Das empirische Versagen des aktuellen Wirtschaftssystems sehen wir in zahlreichen Berichten wie dem Human Development Report[2], Doughnut Dashboard[3], SDG Dashboard[4], World Inequality Report[5] oder State of Power[6]. Globalisierung, Digitalisierung und ein religiöser[7] Marktfundamentalismus transformieren[8] das heutige Wirtschaftssystem, welches von Konzerngiganten wie VW, Bayer, Google oder Blackrock dominiert wird, wobei ihnen Marktdynamiken gleichwohl Handlungsgrenzen setzen. D.h., selbst wenn die Konzerngiganten ad hoc eine sozial-ökologische Ausrichtung anstreben wollen würden, würden sie durch die systemischen Zwänge und Bedingungen beschränkt werden. Der Widerspruch zwischen national begrenzter Politik und global dominanten Weltmärkten führt derweil zwar zu wirtschaftlichen Produktivitätsgewinnen, aber gleichzeitig zu größeren, fatalen und tödlichen Konsequenzen für Wirtschaft, Demokratie, Gesellschaft und Kultur.

Goliathwatch ist Teil der globalen konzernkritischen Bewegung und will die Lücke in der bundesdeutschen Zivilgesellschaft neben den Kritischen Aktionären, ATTAC, den Coordination gegen Bayer-Gefahren oder CorA (Netzwerk für Konzernverantwortung) schließen.

Wir sind eine Mitmach-NGO. Als gemeinnütziger Verein arbeitet Goliathwatch als basisdemokratische Nichtregierungsorganisation. Goliathwatch ist transparent, demokratisch, parteiunabhängig, kosmopolitisch, anti-rassistisch und lehnt Gewalt als Mittel ab.

Die Strategie von Goliathwatch besteht aus drei Säulen

Unserem Verständnis nach wirken Bildung, politisches Handeln/politische Aktion und eine Netzwerkbildung korrelativ und synergetisch.

Aufklärung und Bildung

Menschen erhalten die Kompetenzen zurökonomischen Selbstverteidigung‘ durch Wirtschaftsbildung. Goliathwatch ist ein Lernort für polit-ökonomische Selbstemanzipation, für die Rückgewinnung politischer Handlungsfähigkeit und solidarischem Handeln (im Sinne eines ‚transformative community organizing‘)[9].

Unsere pädagogische Arbeit richtet sich am normativen Zielkurs einer lebendigen Demokratie und umfassenden Menschenrechten im Vorrang vor profitorientierten marktfundamentalistischen Interessen aus dem Wirtschaftssystem aus. Da Bildung und Aufklärung einen wesentlichen Teil für die oben genannten gesellschaftlichen Veränderungen verkörpert, sind solche Ziele der Emanzipation und Partizipation, der Inklusion und Verwirklichungschancen (Capabilities) der Menschen zentral. Die pädagogische Dimension unserer Arbeit dient dabei der Freilegung des politischen Charakters der globalen Vielfachkrise. So werden werden Wege zur politischen Praxis gesellschaftlicher Transformation eröffnet und in der etwaigen Aktion kann dann und auch ein politischer Lernraum liegen. Zugleich macht der Verweis auf die polit-ökonomischen Verhältnisse die Grenzen von Bildung hinsichtlich einer gesellschaftlichen Veränderung deutlich. Die Veränderung geschieht politisch.

Kampagnen

Politischer Druck durch erfolgreiche, emanzipatorische und effiziente Druckkampagnen (‚campaigning‘)[10] schafft Schritt für Schritt eine strukturelle Veränderung im Wirtschaftssystem. Kampagnen sind hierbei als eine Serie gut geplanter aufeinander folgender politischer Aktivitäten zu verstehen, um ein bestimmtes oder auch mehrere Ziele in oftmals unterschiedlichen Zeithorizonten zu erreichen.

Vernetzung

Vernetzung ist eine notwendige Bedingung für einen gesellschaftlichen und globalen Kipppunkt zu globaler Gerechtigkeit. Wir brauchen eine globale Kooperation zwischen Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Parteien und auch Unternehmen.[11]

Die Vernetzung und Verbindung mit anderen Menschen, Bewegungen, Initiativen, Projekten dient dem Aufbau von Strukturen, Netzwerken und Organisierungen

Aus unseren drei Säulen folgen vier Aktionsfelder, die für uns zusammengehören: Aufklärung/Bildung, Alternativen Leben (z.B. bewusster Konsum, Solawi, Genossenschaften,…), Widerstand und Kampagnen und auch Gewinnen politischer Mehrheiten. Die Verantwortung liegt nicht bei Verbraucher*innen, sondern bei Konzerngiganten und Regierungen, denn „mit großer Macht kommt große Verantwortung.“[12]

Wir wissen nicht, wo eine kapitalistische Marktwirtschaft anfängt oder endet und wir haben auch keinen Masterplan, aber wir sehen richtigere Schritte in falschen Verhältnissen zu einer besseren Gesellschaft, daher sind konstruktive widersprüchliche Debatten und pragmatische Bündnisse zentral und wir müssen somit breite Konsense in Ambivalenz leben. Das meint, Probleme und Widersprüche, Brüche und Differenzen als Bestandteile des gesellschaftlichen Lebens anzuerkennen und als notwendigen Gegenstand des Dialogs zu nutzen. Widersprüche sind auch einer Transformativen Bildung Ausgangspunkt einer fundierten Sachanalyse der multiplen Krise und tiefgehender Ermittlung der globalen „nachhaltigen Nicht-Nachhaltigkeit“[13]. Denn in und an Widersprüchen können Räume zur „Hintergehbarmachung“ von als unhintergehbar erscheinenden sozialen Verhältnissen und Selbstverhältnissen entstehen.

Wir analysieren Gesellschaft nicht als System oder als Aggregat freier Individuen, sondern als soziales Feld, welches durch Machtasymmetrien im Sinne von Pierre Bourdieu geprägt ist. Wir sehen politische Fehler in rein postmodernen, Rational Choice- oder strukturalistischen Ansätzen. Gesellschaft ist ein historischer Prozess mit unterschiedlichen Handlungsfreiheiten und -zwängen[14], der von ökonomischem Vermögen und Kapital, Wissen, Netzwerk und gesellschaftlich dominanten Wertesysteme (Hegemonie/symbolisches Kapital) geprägt ist, jedoch entscheiden wie bei David gegen Goliath die gewählten Strategien im gesellschaftlichen Kräftespiel, sodass auch mit einer klugen Strategie die schwächere Zivilgesellschaft gegen wirtschaftlich mächtige Akteure gewinnen kann, wie unsere „Google, Stop #HateSearch“-Kampagne im Jahre 2018-19 zeigte.

[1] https://www.un.org/ruleoflaw/thematic-areas/international-law-courts-tribunals/human-rights-law/

[2] http://hdr.undp.org

[3] https://goodlife.leeds.ac.uk

[4] http://www.sdgsdashboard.org

[5] https://wid.world/world-inequality-lab/

[6] https://www.tni.org/en/topic/state-of-power

[7] Dem neoliberalen Marktfundamentalismus wird von Wissenschaftler wie Walter Benjamin ein religiöser Charakter zugeschrieben, was mensch auch bei Michel Foucault und seiner Gouvernmentalitätsanalyse des Marktfundamentalismus findet.

[8] Der Begriff Transformation bezieht sich auf Karl Polanyi „The Great Transformation“ und andere Beiträge der Transformationsforschungen.

[9] Vgl. u.a. Midwest Academy „Organizing for social change”, Robert Maruschke “Community Organizing”, Eric Mann “The Seven Components of Transformative Organizing Theory “

[10] Bill Moyer: Movement Action Plan; Felix Kolb: MASS Konzept.

[11] Vgl. Lakey: A living revolution.

[12] Im Übertrag aus Spiderman.

[13] Ingolfur Blühdorn

[14] Vgl. Amartya Sen „Capabilities“; Critical Realism; Dürmeier.