Aurubis und das Lieferkettengesetz – PM und Hauptversammlung, 17. Februar 2022

Thomas Dürmeier Allgemein

Wir bleiben am Ball. Was sagt der Hamburger Kupferriese Aurubis zu Menschenrechten, grünem Wasserstoff und vielen mehr? Wir sind im Bündnis wieder bei der Auktionärsjahresversammlung aktiv.

Unsere Pressemitteilung:

Pressemitteilung zur Aurubis-Hauptversammlung am 17.02.2022

hier als PDF zum Download

Ist Aurubis auf das Lieferkettengesetz vorbereitet?

Ausstieg aus Nussir-Mine als Reaktion auf Sami-Protest und Kritik von Nichtregierungsorganisationen / Aurubis muss nachhaltiger werden und in allen Bezugsländern von Kupferkonzentrat auf Umweltschutz und Menschenrechte achten

Berlin/Hamburg/Köln/Münster/Göttingen – Ein knappes Jahr vor Inkrafttreten des nationalen Lieferkettengesetzes fordert ein zivilgesellschaftliches Bündnis die Aurubis AG auf, mehr Transparenz sowie menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltsmaßnahmen in der Kupfer-Lieferkette zu gewährleisten. Zur Hauptversammlung am 17. Februar haben die Christliche Initiative Romero (CIR), der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, die Gesellschaft für bedrohte Völker, Goliathwatch und die Kampagne Bergbau Peru Gegenanträge und 57 Fragen eingereicht.

„Zur Hauptversammlung 2021 hatte unser Bündnis gefordert: Aurubis sollte ohne die ausdrückliche Zustimmung der samischen Rentierhalter seinen Kupfervertrag mit Nussir ASA nicht erfüllen. Dass Aurubis Ende August 2021 vom Memorandum of Understanding mit der norwegischen Kupfermine absprang, sehen wir auch als unseren Erfolg“, sagt Yvonne Bangert von der Gesellschaft für bedrohte Völker. „Die Sami konnten sich mit Recht darauf berufen, dass in den Verhandlungen mit Nussir das in internationalen Verträgen der UN verankerte Recht indigener Völker auf Konsultation und das Prinzip der freien, vorherigen und informierten Zustimmung (Free Prior Informed Consent) nicht eingehalten worden war.“

Die Christliche Initiative Romero (CIR) konfrontiert Aurubis seit Jahren mit einer schwerwiegenden Umweltkatastrophe beim mexikanischen Bergbaukonzern Grupo México, von dem Aurubis nachweislich Kupferkonzentrat bezogen hat. 2014 ergossen sich über 40.000 Tonnen Kupfersulfat haltiger Schlamm in zwei Flüsse. Nach dieser schwerwiegenden Umweltkatastrophe wurden bei über 350 Menschen giftige Rückstände in Blut und Urin sowie Haut- und Gefäßkrankheiten festgestellt. Grupo México hat bis heute wichtige Sanierungs- und Wiedergutmachungsarbeiten für die betroffenen Menschen nicht umgesetzt. „Aurubis hat nie zu der schwerwiegenden Umweltkatastrophe bei Grupo México Stellung bezogen. Ab 2023 gilt das 2021 verabschiedete Lieferkettengesetz auch für Aurubis. Das Unternehmen sollte schon jetzt offenlegen, welche menschenrechtlichen Sorgfaltsmaßnahmen Aurubis ergreift und wie wirksam sie sind“, fordert Christian Wimberger von der Christlichen Initiative Romero (CIR).

Der Fall in Mexiko ist nur ein Beispiel; Aurubis bezieht auch aus vielen anderen lateinamerikanischen Ländern Kupferkonzentrat, z.B. aus Peru, Chile und Brasilien, wo die Gesetze zum Schutz der Umwelt und gesundheitliche Vorschriften schwach sind oder umgangen werden. Die Kampagne „Bergbau Peru – Reichtum geht, Armut bleibt” setzt sich dafür ein, dass Unternehmen schon am Beginn der Lieferkette Maßnahmen zur Minimierung von Umweltrisiken und zum Schutz der Menschenrechte ergreifen. „Aurubis als größter Kupferproduzent Europas trägt eine große Verantwortung. Nur mehr Transparenz bei den Lieferbeziehungen kann den Betroffenen vor Ort helfen, Beschwerde einzulegen und Ansprüche auf Schadenersatz und Wiedergutmachung geltend zu machen“, erklärt Silvia Bodemer von der Kampagne Bergbau Peru.

„Am Werksstandort Pirdop in Bulgarien kommt die Aurubis ihren sozialen Nachhaltigkeitsverpflichtungen nicht nach“, kritisiert Ulf Georgiew vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. „Das Tochterunternehmen, die Aurubis Bulgaria AD, weigert sich als einziges Unternehmen der Kupferbergbau- und Kupferhüttenindustrie in der Region, kommunale Gebühren für den Bezug von Oberflächenwasser aus dem Dushanzi-Stausee an die Kommune Pirdop abzuführen. In der Folge fehlen der Gemeinde die Einnahmen, um die notwendigen Sanierungen des total maroden Regionalkrankhauses in Pirdop durchzuführen. In der Zeit der Corona-Pandemie wurden der Bevölkerung nicht einmal Präventionsmaßnahmen angeboten.“ Die Klage von Aurubis Bulgaria AD auf Feststellung, dass der Boden unterhalb des Dushanzi-Stausees in ihrem Unternehmensbesitz sei, hält Georgiew für sehr fragwürdig. „Die Aurubis hat einen Kampf um Wasser in Bulgarien begonnen, um die Auswirkungen des Klimawandels für Ihr Geschäftsmodell zu reduzieren.“

Gegenanträge: https://www.kritischeaktionaere.de/aurubis/fehlende-transparenz-und-menschenrechtliche-sorgfalt-in-der-kupfer-lieferkette-unsere-gegenantraege/

Unsere 57 Fragen an den Vorstand der Aurubis AG: https://www.kritischeaktionaere.de/aurubis-2/ist-aurubis-auf-das-lieferkettengesetz-vorbereitet-unsere-57-fragen-zur-hauptversammlung-2022/

Unsere Goliathwatch-Fragen an den Vorstand von Aurubis:

Die Geschäftsleitung hat in ihrer Pressemitteilung von CO2-freier Fernwärme für die Hamburger HafenCity gesprochen, wobei im Konzern immer noch fast 2 Mio. t CO2 entstehen. Wie können sie die unterschiedlichen Einstufungen von Reduktion UM 100.000 t und 0,0 t CO2 gleichsetzen bzw vergleichen? Führt die Reduktion um 100.000 t CO2 zu einer CO2 freien Fernwärme oder wird der Fernwärme kein CO2 zugerechnet?

Aus welcher Quelle bezieht Aurubis den „Grünen Wasserstoff“ aktuell? Ist dieser CO2 frei (ohne Kompensationsprojekte)? Wie will die Aurubis AG bis zur CO2-freien Produktion eine sichere und zuverlässige Wasserstoff-Lieferkette aufbauen?

Zwischen der aktuellen Bundesregierung, zahlreichen CO2-Empfehlungen und der Aurubis AG besteht in den CO2-Neutralitäts-Zieljahren Unterschiede. Die Bundesregierung will bis 2040. Selbst der BDI fordern in seinem „Klimapfad 2.0“ (https://bdi.eu/themenfelder/energie-und-klima/klimapfade/) ein CO2-Neutralitätsziel für das Jahr 2045. Große Überblicksstudien wie das Handbuch Klimaschutz (vgl. bpb.de) fordern Klimaneutralität bis 2040. Die Aurubis AG spricht von einem unklaren CO2-Jahrsziel bis vor 2050. Könnten sie die genaue Jahreszahl nennen. Liegt diese in Einblick mit der BDI-Zielperspektive von 2040?

Buchführung nach Doughnut-Standard wie bei BASF oder Gemeinwohl-Bilanzierung in Hamburger öffentlichen Betrieben

Die Buchführung wird in zahlreichen Unternehmungen auf neuere Bilanzierungssystem mit Gemeinwohl-Perspektive umgestellt, die eine ESG-Bilanzierung von Aurubis übersteigen. Warum folgt Aurubis nicht dem Beispiel von BASF oder Hamburger Unternehmen? Warum reicht die GRI- und ESG-Darstellung Aurubis aus?

 

Fragen zur Transparenz in der Lieferkette

3.1 In seiner Nachhaltigkeitsstrategie betont Aurubis seine Verantwortung für Umwelt- und Klimaschutz. Weiter verlangt Aurubis von seinen Geschäftspartnern unter anderem, dass UN-Konventionen in Bezug auf Menschenrechte, Umweltschutz und Sicherheit eingehalten werden. Damit ist Aurubis für das Handeln seiner Geschäftspartner mitverantwortlich.

Warum stellt Aurubis keine ausführliche Darstellung der Risikoanalyse seinen Aktionär:innen zur Verfügung? Im Nachhaltigkeitsbericht und verlinkten Darstellungen werden nur allgemeine Punkte benannt.

3.2. Warum stellt Aurubis nicht seine Lobbyaktivitäten nach dem ausführlicheren Quartalsberichten der US-amerikanischen Lobbyregulierung da (vgl. ua http://www.opensecrets.org/), was die internationale Vergleichbarkeit und Compliance erhöht?

3.3 Lieferkettengesetze in der europäischen Union.

Die EU Kommission strebt die Schaffung eines europaweit einheitlichen Rechtsrahmens für soziale und ökologische Menschenrechte an. Ein bundesdeutsches Gesetz wurde nach unseren Angaben von Aurubis damals ablehnt, was im Widerspruch zu Unternehmen wie Hapag Lloyd, Tchibo, Nestle, EDEKA ua. stand, die aktiv ein starkes Lieferkettengesetz eingefordert haben. Warum hat die Aurubis AG diese Unternehmensinitiative nicht unterstützt?

Will Aurubis ein europäisches Lieferkettengesetz? Welche der folgenden Elemente sind für Aurubis notwendiger Bestandteil:

  1. Haftung zivilrechtlich
  2. Haftung strafrechtlich
  3. Sanktionen wie Ausschluss aus öffentlichen Einkauf
  4. Sanktionen wie Auschluss/Einschränkung von öffentlichen Subventionen/finanziellen Förderungen wie Exportkrediten, Kurzarbietergeld,…
  5. Öffentlicher Datenzugang für Stakeholder
  6. Weitere Menschenrechtsbegriff als im Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz?
  7. Existenzsichernde Löhne

Unterstützt Aurubis den Prozess der Vereinten Nationen für ein UN Binding Treaty?

Aurubis hat ein gutes Whistleblower System installiert. Wie viele Meldungen kamen im Jahr 2020? Wie viele wurden davon im Jahr 2020 abgeschlossen? Wurden Sach- oder Personen-Schäden an Aurubis gemeldet? Welcher Prozentsatz von Entschädigungsforderungen wurde von Aurubis als begründet anerkannt und ausgeglichen?